„Libro senza parole“, „Silent Books“ – Bücher ohne Wörter
Die italienische Sektion von IBBY (International Board on Books for Young People) war es, welche das Augenmerk auf die Bücher ohne Wörter gelenkt hat: mit einem Projekt auf der Insel Lampedusa. Seit 2012 werden dort Bilderbücher ohne Text aus der ganzen Welt gesammelt, um sie den Menschen im Flüchtlingslager zur Verfügung zu stellen. Aus dem italienischen Projekttitel „Libri senza parole“ („Bücher ohne Wörter“) wurde schließlich das eingängigere „Silent Books“. Unter diesem Titel gibt es seit 2014 einen Wettbewerb, den "Silent Books Contest", dessen Sieger:in den Gianni De Conno Award erhält: eine Dotierung mit 4000 €. Die Jury ist international besetzt und auch eine Kinderjury verleiht einen Junior-Award. Die Finalist:innen werden im Rahmen der Internationalen Kinderbuchmesse in Bologna vorgestellt und dort mit einer Ausstellung geehrt, der Preis wird während der Internationalen Turiner Buchmesse im Mai verliehen, der Junior-Award im Dezember.
Soviel – nüchtern – zur äußeren Aktualität der Bücher ohne Wörter. Aber wie funktionieren sie und was ist das Gute daran?
Viele vorlesende Erwachsene sind auf einen Text angewiesen. Sie lassen sich durch Text in eine Geschichte leiten, sie mögen und brauchen die textliche Führung auch bei einem Bilderbuch, der Text „ökonomisiert“ die Beschäftigung mit dem betreffenden Buch, außerdem ist das Ziel des Vorlesens letztendlich das (selbständige) Textlesen und – hören. Wie oft habe ich den Satz gehört: Mein Kind ist schon über das Bilderbuch hinaus, mein Kind kann schon lange zuhören, wir brauchen kein Bilderbuch mehr…
Da ist ein Buch „nur“ mit Bildern erstmal eine Herausforderung und eine Forderung nach mehr Zeit und nach mehr Raum, der dem Bild zukommen muss: schauen, Personen, Gegenstände, Umgebungen erkennen, sich orientieren, Zusammenhänge und Bezüge suchen und finden, Hinweise auf den Fortgang der Geschichte auf der folgenden Seite entdecken, Fragen beantworten, Fragen stellen, womöglich die Zuhörer:innen auf die Spur setzen. Es ist beglückend zu erfahren, wieviel neue Kommunikation und Interaktion dabei mit den Zuhörer:innen entsteht.
Das ist das Eine, erst die weitere Besonderheit der „Silent Books“ macht die Nützlichkeit des IBBY-Projektes für die Geflüchteten auf Lampedusa offensichtlich: Bücher ohne Wörter lassen sich in jeder Sprache lesen, die gerade zur Hand ist, um die in Bildern erzählte Geschichte zu entschlüsseln. Manchmal werden diese Bücher auch als „mehrsprachig“ im weiteren Sinn bezeichnet, Mehrsprachigkeit meint aber m.E. explizit Text. Sie gehören also nicht zu den mehrsprachigen Büchern, öffnen sich aber für Leser:innen aller Nationen. „Universal-sprachig“ könnte man sie nennen.
Aber: stimmt das überhaupt? Ist Bildsprache universell? Kann jeder und jede ein und dasselbe Bild lesen? Ja – würde ich sagen! Was aber z.B. ein Kind sieht, oder: was ein Bild ihm zeigt, ist sicherlich abhängig von Bildtraditionen, Sehgewohnheiten, Erfahrungen mit Bildern überhaupt. Möglicherweise wird also mehr Differenz als Gemeinsamkeit zum eigenen Erleben gesehen – oder auch nicht, denn die „Globalisierung“, ein irgendwie bildliches Wissen von der Welt, ist ja auch an den Kindern und Erwachsenen auf anderen Kontinenten nicht vorbei gegangen, und es existieren Neugier und Entdeckungslust. Und sofern es sich um gegenständliche/figürliche Abbildungen handelt: überall auf der Welt spielen Kinder, haben Kinder Geschwister, Freunde, Eltern, spiegeln Gesichter Freude oder Angst oder Abscheu, gibt es Tiere, Behausungen, Landschaft, Fahrzeuge …
Die „libro senza parole“ bringen das Bild auf Augenhöhe mit Text, geben ihm Subjekt-Status statt ‚nur‘ Begleitung zu sein (und auch mitlesende Kinder haben Augenhöhe mit den erwachsenen Vorlesern!), ermöglichen ihren Leser:innen eine freie, gestaltende Entwicklung ihrer Verstehenshorizonte – in jeder Sprache!
Das gilt natürlich nicht nur für Geflüchtete auf Lampedusa, sondern es gilt auch für Geflüchtete, die in Deutschland angekommen sind und ankommen. Es gilt auch für alle Kinder, die mit deutscher Sprache Probleme haben und überhaupt für Kinder mit Förderbedarf beim Sprechen.
Eine Liste mit „Silent books“ – ohne Anspruch auf Vollständigkeit und unter Berücksichtigung etlicher Bücher aus Verlagen nicht deutschsprachiger Länder. Gute Buchhandlungen (1) können diese Bücher bestellen, auch über das Internet funktioniert das.
Ausflug zum Mond
Wie die Zeiten sich doch geändert haben: Ein Ausflug zum Mond ist kein Problem mehr! Aber was, wenn man dort vergessen wird?
Schon auf dem Cover beginnt die Geschichte: Eine Gruppe Kinder besteigt einen Raumtransporter. Das Ziel ist schnell erreicht: Der Mond! Im Gänsemarsch stapfen alle los, doch einer - oder eine - bleibt zurück. In der Ferne leuchtet unsere Erde und er/sie muss sie unbedingt malen. Das ermüdet! Als das Kind aufwacht, ist seine Gruppe längst über alle Berge und der Raumtransporter startet – ohne sie/ihn!
Wie es weitergeht und welche Rolle dabei seltsame Mondwesen spielen, will man nun unbedingt wissen ...
(Mit gleichem Personal: Tief im Meer und Die Vulkaninsel)
... Details einer Bearbeitung dieses Buches als Papier-Theater:
Die Torte ist weg
Leser:innen können darin nicht nur einer Torte nachjagen, die vor Herrn und Frau Hunds Augen geklaut wurde, sondern auch herausfinden, warum das Hasenkind ständig plärrt oder wieso das Chamäleon einen roten Hintern hat. Oder weshalb das elfte Entlein auf Abwege geraten ist. Oder oder oder ... Mit jeder Seite steigt die Spannung: können die Diebe gestellt werden?
Der niederländische Illustrator Thé Tjong-Khing sorgt ganz ohne Text für einen Riesenspaß! Kein Wunder, dass Die Torte ist weg! in den Niederlanden in einem Jahr fünf Auflagen erreichte und mehrfach ausgezeichnet wurde. Außerdem ist hier ein Buch gelungen, das bestens zur frühen Sprachförderung geeignet ist, denn selten sonst werden Kinder auf so vergnügliche Weise zum genauen Hinsehen und Formulieren animiert.
Am Fluss
„Draußen vor meinem Fenster fließt ein Fluss. Wohin wird er mich tragen?“ Mit diesen Worten beginnt eine Fantasiereise von der Stadt zum Meer, und bei diesen Worten bleibt es auch. Vorbei an Fabriken und Feldern, Autobahnen und Wäldern folgen wir dem ewigen Kreislauf des Wassers, durch jede neue Landschaft, geführt von den fantastischen Illustrationen des australischen Künstlers Marc Martin.
Ein neues Land
„Ein neues Land“ erzählt von einem Mann, der mit einem Koffer in der Hand Abschied von seiner Familie nimmt – über die Hintergründe seiner Abreise erfährt man allerdings nichts.
Das in Sicht kommende Ziel der Reise ähnelt zwar der Silhouette von New York, auch die Ankunftshalle, die Regularien bei der Einreise kennen Leser:innen als ikonische Bilder der Amerika-Einwanderung. Und doch ist alles mit fantastischen Mitteln verfremdet... ohne jedes Wort erkennen die Leser:innen in den Gesichtern die Gefühle des Mannes. Er denkt in Liebe an seine Familie, er ist einsam, hat Angst, fühlt sich fremd. Und sie empfinden die Freude mit, als er endlich die Familie nachholen kann.
Diese Graphic Novel ist die zeitlose Geschichte eines Abschiedes und einer Ankunft in einer fremden neuen Welt für Kinder und Erwachsene.
Die Insel
Nach "Das Baumhaus", das 2011 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde und den Troisdorfer Bilderbuchpreis erhielt, schaffen Ronald und Marije Tolman wieder eine Bildwelt, die ohne Worte Raum schafft - für Träume, Sehnsüchte, Hoffnungen und Geschichten.
Herr Schnuffels
Das comicartige Bilderbuch lässt uns eine Geschichte über einen schwarzen Kater und seine Begegnung mit einem Ufo voll winziger Ausserirdischer sehen. Vor der Nase des gelangweilten "Herr Schnuffels" landet dieses seltsame Flugobjekt ...
"Herr Schnuffels" ist keine süße Katzengeschichte, sondern Sciencefiction in Bilderbuchform, die augenzwinkernd mit dem Genre spielt. Die fiktionale Handlung bildet einen Kontrast zu dem realistischen Stil der bildlichen Darstellung. Alles ergibt einen Sinn und ist durchdacht – von der Geheimsprache, in der sich die Außerirdischen unterhalten, bis hin zu Bezügen in der Kunstgeschichte wie der Hierolyphenschrift und der Höhlenmalerei.
Mit dieser Gestaltung lässt der Autor der Phantasie des Betrachters viel Raum für eigene Geschichten. Er macht auf verschiedenen Ebenen damit bekannt, wie Zeichen und Bilder als Medien der Kommunikation genutzt werden können, und ermöglicht damit einen ersten Zugang zur Bild- und Schriftkultur. Durch seine konsequente Aufteilung in Panels ist das Bilderbuch ein Vorläufer für Graphic Novels und kann so an die Rezeption dieser grafischen Art des Erzählens heranführen."
(Zitiert aus der Jurybegründung, das Buch bekam 2015 den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Bilderbuch.)
Der Fluss
Alessandro Sannas Buch entfaltet mit großer Ruhe auf hunderten schmaler Panoramen die Erfahrung von Landschaft und Zeit, die im Rhythmus der vier Jahreszeiten vergeht. Es ist nur das Fließen des Stroms, das konstant bleibt, während die Farben des Wassers, der Landschaft und des Himmel sich fortwährend ändern und den Hintergrund abgeben für die Geschichten der Menschen, die wie Sanna am Fluss leben. Als feine Silhouetten erkennt er die Figuren, die sich am Ufer bewegen und ihre Geschichten erleben: die Überschwemmung im Herbst, die Geburt eines Kalbs im Winter, die Hochzeit im Frühling und den Ausbruch eines Tigers beim Jahrmarkt im Sommer.
(Die deutsche Ausgabe ist nur noch gebraucht zu kaufen, die italienische ("Fiume lento", un viaggio lungo il Po) über das Internet oder eine gute Buchhandlung zu besorgen.)
Gute Nacht, Gorilla!
Eins unserer bekanntesten Bücher ohne Wörter: Der kleine Gorilla stibitzt dem Zoowärter bei dessen Nachtrundgang das Schlüsselbund! Und nun folgen die Zootiere, vom Elefant bis zum Gürteltier, dem müden Wärter bis ins Schlafzimmer. Und wenn nicht alle dessen Frau so höflich auf ihr 'Gute Nacht, Liebling' geantwortet hätten, hätten sie dort wohl auch bleiben können!
Das Buch war schon ein großer Erfolg in Amerika, aber erst mit der Papp-Ausgabe durch den Moritz Verlag startete das Buch auch in Deutschland durch. Es hat inzwischen zahlreiche Auflagen erlebt.
Wie die Vögel
Ein berührendes Bilderbuch, das auf zarte, poetische Weise die Freiheit und die Freundschaft feiert – und dabei ganz ohne Worte auskommt.
Ein Mann öffnet die Türe seines Lieferwagens und befreit eine Schar bunter Vögel. Auch dem kleinsten von ihnen hilft er geduldig, bis dieser genug Mut und Kraft hat, um davonzufliegen. Was danach geschieht, ist eine fantastische Überraschung.
Fische im Wohnzimmer
Da fährt einer in Urlaub, vergisst aber zu Hause den Wasserhahn zuzudrehen!
Was sich wie der Beginn einer Katastrophe anhört, führt in diesem textlosen, in wasser-stimmlichen Blau- und Grüntönen gehaltenen Bilderbuch für zwei Kinder und viele Tiere zu einem vergnüglichen Unterwasser-Abenteuer der anderen Art. Einmal gemeinsam mit Fischen, Kraken und Quallen vorbei an Kommoden und Lampen durch Küche und Wohnzimmer schwimmen!
Die ganze Welt
Die ganze Welt, und das ganz ohne Wörter und im Format 15x15x3cm? Und gemütlich vom Stuhl im Grünen aus, mit dem das Buch beginnt?
Assoziativ reihen der Autor und die Autorin Bild an Bild: Wasser, Wasser mit Goldfischen, ein Fisch auf dem Tisch, eine Fisch als Linoldruck, ein weiterer Linoldruck, jetzt stellt er einen Vogel dar, ein Schattenriss eines Vogels, mehrere Vögel- gezeichnet, gemalt, fotografiert, Vögel im Baum, Bäume im Winter, im Frühling, Blütenblätter, Blüten, Blumen..., so breitet sich „die Welt“ vor den Augen der LeserInnen aus.
Jedes Bild hat Beziehung zum voraus Gehenden und zum danach Folgenden, man kann an jeder Stelle einsteigen und eine Weile mitgehen: Die Welt ist rund! Die verschiedenen bildnerischen Möglichkeiten (gemalt, gezeichnet, fotografiert, gedruckt, collagiert, arrangiert...) zeigen, dass es viele Möglichkeiten gibt, sich ein Bild von der Welt zu machen.
Ein Buch zum Schauen, zum wieder Aufsuchen, Vergleichen und zum Überlegen, was wohl fehlt in dieser „ganzen“ Welt.
(Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2002 in der Sparte Bilderbuch.)
Der fliegende Hut
Ein Hut gehört natürlich auf einen Kopf, dafür ist er gemacht. Aber wenn der Wind weht und der Mensch mit dem Kopf nicht aufpasst – dann ist ein Hut auch schnell mal davon geflogen, zu sehen ganz am Anfang, auf dem Vorsatz-Blatt.
Der Hut reist von Kopf zu Kopf, von Ort zu Ort und durch alle vier Jahreszeiten. Und obwohl in diesem Bilderbuch kein einziges Wort steht, beziehen sich die Bilder in einer Weise aufeinander, dass wir dennoch viele Geschichten sehen. Zum Beispiel die, wie der Mann mit dem roten Schal nach einem Jahr seinen Hut wieder findet, zum Glück, denn er hat noch keinen neuen und es ist schon wieder Hutzeit. Oder die, wie die Zoowärterin den Hut gerade gut gebrauchen kann, weil ein Gewitter losbricht und ihr eigener Hut was weiß ich wo ist. Oder..oder..
Auf der letzten Seite sehen wir den Mann mit dem roten Schal, wie er seinen Hut ganz festhält, denn er erinnert sich an den Windstoß vom letzten Jahr. Dieses Mal passen die anderen nicht auf ihre Hüte auf ...
Mayhem at the Museum
Die Cezannes, die Monets, die van Goghs, die Degas' in diesem Museum sind sehr lebendig - ja, frech!
Strecken die Zunge raus, reichen Hüte, Blumen, ganze Blumensträuße an die Kinder raus, die mit ihrer strengen Lehrerin einen Museumsbesuch machen. Bitte die Kunst nicht berühren - steht am Beginn auf dem Schild, die Kunst berührt dich, heißt es am Schluss ..
Ein vergnügliches Chaos!
What a Masterpiece!
Ein Mensch wacht morgens auf, wandert durch seinen Tag, bis er schließlich einen großen Turm von Kunstwerken erreicht, dem er sein eigenes hinzufügt.
Der Tag findet in berühmten Bildern statt, der Mensch geht an berühmten Skulpturen, Gebäuden vorbei, trifft berühmte Leute und Ereignisse. Der Verhüllte Reichstag, das Atomium, ein Bansky an der Straßenbahn, vier, die wie die Beatles die Straße überqueren: Die Mit-Leser:innen begegnen den ikonischen (Kunst -) Bildern der Welt.
Krokodrillo
Ein Krokodil geht, fährt zur Arbeit, mehr muss gar nicht gesagt werden. Das könnte in Berlin, in Zürich, in Wien sein.
Wir folgen ihm gespannt durch die Bilder ohne Worte, die uns mal großformatig, mal kleinteilig durch die Stadt führen. Der Arbeitsplatz des Krokodils ist dann eine echte Enthüllung! Am Ende am besten sofort wieder von vorne anfangen!
Window
Gedankenverloren schaut ein Mädchen aus dem Klassenzimmer nach draußen, die Leser:innen schauen hinein.
Endlich ist die Schule aus und auf dem Heimweg spielt das Mädchen ein (Lieblings-) Spiel: Wer wohnt wohl hinter dem und dem und dem Fenster? Die Leser:innen können das jeweilige Fenster öffnen (aufklappen) und den Fantasien des Mädchens folgen , bis in ihr eigenes Zimmer.
Berg
Heute geht es mit Papa auf eine Wanderung: aufstehen, frühstücken, packen (die Katze darf nicht mit), ins Auto und los!
Dann vom Parkplatz aus in den Wald, über einen Fluss, auf einen Berg. Was alles dabei ist und gebraucht wird, sehen wir erst jetzt: Kamera, Kompass, Wanderstock, Fernglas, Papier und Stifte - und ein kleiner Baumsteckling. Was für ein abenteuerlicher, anstrengender, wunderbarer Tag! Der Baum wird dort gepflanzt, wo offensichtlich schon Opa, Uropa und Ururopa es ebenso gemacht haben (über dem Familienalbum zuhause schlafen Vater und Kind ein).
Dandelions Dream
Auf einer Wiese voller Löwenzahnknospen, die kurz vor der Blüte stehen, erblüht ein Löwenzahn zu einem echten Löwen.
Wurzeln und Blätter entfalten sich zu vier winzigen Pfoten und einem langen Schwanz mit einem flauschigen gelben Büschel. Was für eine großartige, weite Welt es zu entdecken gibt, wenn man Pfoten statt Wurzeln hat: Schnelle Züge, königliche Schiffe und Städte mit Lichtern, die so hell sind wie Löwenzahnfelder in voller Blüte. Aber wird ein echter Löwe jemals damit zufrieden sein, wieder ein verwurzelter Löwenzahn zu sein?
The Paperboat
Thaos Collagenkunst lässt die Leserin die Flucht einer Familie aus Vietnam erleben – eine Reise, die parallel mit der "Flucht" einer Ameisenkolonie verflochten ist.
In ihrem Haus in Vietnam rettet ein Mädchen Ameisen aus dem Zuckerwasser, das die Mutter aufgestellt hat, um die lästigen Tiere loszuwerden. Später, als die Familie des Mädchens aus Vietnam flieht, und sie mit ihrer Mutter den Anschluss an die Flüchtlingsgruppe verliert, führen Ameisen sie durch den mondbeschienenen Dschungel zu dem Boot, das sie in Sicherheit bringen wird. Vor dem Einsteigen faltet das Mädchen ein Papierboot aus einer Brötchenverpackung - und lässt es fallen. Rettung für die Ameisen, sie klettern darauf. Ihre gefährliche Reise, die von schlechtem Wetter, Raubvögeln und Dehydrierung begleitet wird, spiegelt symbolisch die schwierige Flucht der Familie wider.
Die Reise
Ein grauer Tag, irgendwo in einer großen Stadt. Ein Mädchen langweilt sich und sehnt sich nach Abenteuern.
Plötzlich fällt der namenlosen Heldin des Buches ein roter Stift auf, der auf dem Boden liegt. Sie hebt ihn auf, beginnt zu zeichnen und stellt fest, dass der Stift besondere Kräfte hat: mit ihm zeichnet sie sich die Tür, die raus aus dem Kinderzimmer ins Abenteuer führt! Die kann sie sich im Folgenden buchstäblich ausmalen. Und diese Reise voller Wunder und Gefahren hat es in sich.
(Der Gerstenberg Verlag hat noch zwei Folgebände von "Die Reise" veröffentlicht, alle drei Bände erscheinen bei Gerstenberg im Herbst 2022 in einer Sammel-Sonderausgabe.)
Piscina
Es ist nicht so einfach, einfach ins Wasser zu springen. Zuerst ist es zu leer, dann zu voll, die anderen haben voluminöse Schwimmhilfen, der Junge nur eine Schwimmbrille.
Doch dann führt ihn ein beherzter Sprung ins Schwimmbecken in eine fantastische Unterwasserwelt, die er neugierig erkundet - und damit ist er nicht allein, wie sich herausstellt! Das Buch ist wunderbar ausdrucksvoll und gleichzeitig still gezeichnet - mit Farbstiften.
Es ist allen gewidmet, die "in Freiheit um die Welt schwimmen" wollen!
Zoom
Hier ist nichts, wie es zu sein scheint! Zwei Kinder, die einen Hahn sehen? Ja, aber nicht nur das.
Die Kinder und der Hahn sind ein Bild auf dem Spielzeugkatalog, den ein Junge in der Hand hält, der auf einem großen Schiff sitzt, das eine Reklametafel an der Straßenbahn ... Seite für Seite dieses erstaunlichen Kinderbuches muss man umblättern und wird weiter, immer weiter zurück zoomen. Bis auf Inseln fast am Ende der Welt und darüber hinaus.
Manchmal sieht man klarer und kommt einer Sache näher, wenn man einen Schritt zurücktritt - ZOOM!
Mein Löwe
Ein großer wilder Löwe, ein winziges Menschenkind! Es gibt keinen Ausweg, das feuerrote Raubtier wird das Menschlein fressen, jetzt gleich! Maximale Dramatik auf zwei Bilderbuchseiten.
Doch dann nimmt das Geschehen eine unerwartete Wendung: Der Löwe sieht die Träne des erschrockenen Kindes und seine Gier weicht dem Mitgefühl. Fortan reitet das Kind auf dem Rücken des Löwen und lernt das bunte Leben in der Wildnis kennen. Der furchterregende Angreifer ist zum freundlichen Beschützer geworden. Doch keine Geschichte endet so. Das Menschenkind muss zu den Menschen zurück. Am Ende schläft es im Arm der Mutter, der Löwe ruht bei seinem Rudel. So ist es gut. Nur im Traum ist das Glück der gemeinsamen Zeit für beide noch lebendig.
Io sono blu
Eine Biene, nicht schwarz-gelb gestreift, sondern blau. Und in dem langen, langen Stammbaum der Bienenfamilie war das noch nie vorgekommen.
Oje, das gibt Gelächter und hämische Blicke. Kurz hilft es, ein gestricktes schwarz-gelb gestreiftes Kleid zu tragen – doch das hält nicht lange. Zum Glück entdeckt die Biene gleich nebenan eine vielfältigste Welt: die Käfer! Dort lässt es sich leben!
(beim Junior-Award des Silent-Books-Contest 2021 prämiertes Buch)
Flucht (Migrantes)
In eindrücklichen Bildern folgen die Leser:innen dieses Buches einer Gruppe von Flüchtenden. Die "Personen" sind Tiere: Elefant, Löwe Nashorn, Gans, Schaf, Hahn, Hase. Dicht zusammen gedrängt, mit Beuteln beladen, ziehen sie dahin.
Es ist eine "Reise" in eine ungewisse Zukunft, auf der die Flüchtenden Opfer bringen, manchmal geliebte Dazugehörige zurücklassen und viele Grenzen überwinden müssen. Auf der Verlust und Hoffnung nebeneinander existieren. Selbst die Stärksten sind auf dieser Reise manchmal schwach, die Kleinsten sind besonders gefährdet, und manchmal können sie nicht behütet und gerettet werden. Alle müssen mutig sein, um weiterzukommen. Doch wie geht es weiter, wenn die Flüchtenden ankommen? Ein Bilderbuch, das still macht und gleichzeitig viele Gesprächsanlässe bietet.